André Vladimir Heiz, Donnerstag, 1. August 2024
° Dass Zeichen am Weg liegen,
wurde mir als Nomade lebensnah bewusst.
° Alles, was mir vor Augen oder in die Hände kommt,
kann Teil eines künstlerischen Ereignisses sein.
° Elemente, die ich eigenhändig herstelle,
kommen unterwegs hinzu.
Sie wollen im Bild sein!
° Sie bilden die Grundlage für Kompositionen,
die ich in meinem Atelier unter freiem Himmel festhalte:
als Installation in der Natur und im Bild als Spurensicherung.
° Der Prozess kennt kein Ende:
Immer wieder kommen neue Grundsteine dazu.
° Entsprechende Projektionen im Raum
werden im Rahmen von Ausstellungen und Performances gezeigt.
Winters in einem Kloster im Herzen der Schweiz:
Der Morgen dient den alltäglichen Pflichten der Vita activa.
Ordnung muss sein. In den Zellen, auf den Gängen.
Das tägliche Brot will geknetet und gebacken sein.
Kein Feuer im Ofen ohne Holz.
Am Nachmittag fröne ich der Vita contemplativa.
In der Bibliothek studiere ich die Exerzitien von Ignatius von Loyola.
Als „Geistliche Übungen“ in der Übersetzung
von Alois Maria Haas, meinem ehemaligen Professor und Mystikforscher
an der Universität Zürich. Eine Weile ist es her.
Schnee fällt. Das passt ins friedliche Bild meiner Verfassung.
Am Eingang zum Kloster stapelt sich Brennholz.
Die Morgensonne streift die aufgeschichtete Beige.
Ein einzelnes Holzscheit wird in einem Augenblick zur Figur.
Es will betrachtet und behandelt werden. Zunächst als Einzelfall.
Grundfarben hauchen ihm Leben ein. Als bildnerisches Element.
Es wird zu einem Bestandteil von einfachen Kompositionen.
Vor lauter Vergnügen. Aus reiner Freude.
L’art pour l’art im ursprünglichen Sinne. Von Grund auf.
Kunststück! Ein Kinderspiel. Heidnische Verführung!
Hexensabbat und stille Magie des Ästhetischen:
Experimentell und empirisch entwickeln sich die Motive.
Unter der Hand und vor meinen Augen.
Ein Anfang ist gemacht. Der Sinn ist ganz bei der Sache.
Die Ausgangslage wiederholt sich. Unter anderen Vorzeichen:
Ich verbringe die Sommer zurückgezogen über dem Comersee.
In einem alten Haus. Vor dem Eingang steht eine grosse Palme.
In einer Ecke des geschlossenen Gehöfts stehen welke Palmenwedel.
In einer tönernen Amphore aufgehoben, Reliquien gleich.
Abendlicht setzt sie wirksam in Szene. Sie machen sie bemerkbar.
Vor dem inneren Auge treiben sie es bunt. Sie bekennen Farbe.
Varianten der Kolorierung verleihen ihnen eine eigene Ausstrahlung.
Prominent spielen sie in entsprechenden Bildern die Hauptrolle.
Metamorphosen der Belebung nach allen Regeln der Kunst!
Was im Klosterhof spontan und unvoreingenommen entstand,
mündet nun entschiedener in einem Konzept.
Das Scheit, das den Anfängen dieser Kunst, Pate stand,
wird nun durch ein Inventar an Elementen aus Holz ergänzt.
Dreieck, Viereck, Kreis – Euklid hat die Hand im Spiel.
Leisten in wohl proportionierten Längen geben das Mass vor.
Das Arsenal an Bestandteilen ist offen. Fundstücke kommen dazu.
Sie liegen am Weg. In ihrem Vorkommen fallen sie mir zu.
Da sind die Dinge. Einfach so. So einfach.
Die Dinge haben es auf mich abgesehen. Sie sprechen mich an.
Ich komme da-zu. Da-von gehe ich aus. Da-mit gehe ich um.
Da-mit kann ich tatsächlich etwas anfangen.
Was spricht da-für oder da-gegen? Nichts! Los geht es.
Mit etwas etwas anfangen!
Einer der schönsten Sätze, die ich im Deutschen kenne.
Etwas ist als solches schon gegeben. Als Voraussetzung.
Daraus entsteht wieder etwas. Etwas anderes! Es ist gemacht.
Es geht als Folge-Erscheinung aus dem einen Etwas hervor.
Da ist und Das ist stimmen überein: eine Tat-Sache!
Da sind die Dinge in ihrer Gegebenheit und Zuhandenheit.
Sie kommen mir in ihrem Da-Sein zuvor.
Wahrgenommen wollen sie werden. In jedem Fall.
Ich trete zu ihnen in Beziehung. In ihrem Ur-Sprung
Ich komme mit den Dingen in Berührung. Sie liegen auf der Hand.
Sie drängen sich auf. Sie wollen im Bild sein.
Ich schliesse mit ihnen Bekanntschaft als Teil von mir.
Etwas ist gegeben. Da-raus wird etwas gemacht.
Nach allen Regeln der Kunst. Von Grund auf.
Im Rahmen der gestalterischen Möglichkeiten und Bedingungen.
Kompositionen und Konstellationen ergeben sich.
In meinem Atelier unter freiem Himmel. In natürlichem Ambiente.
Die Auslege-Ordnung nimmt Formen an. Das Spiel ist im Gang.
So komme ich tatsächlich zur Sache, indem ich etwas daraus mache.
So und anders. Ich lasse die Sachen machen, was sie im Sinn haben.
So machen Sachen eben Sachen, ganz schöne Sachen.
Ganz einfach. Einfach so.
Alles, was mir in die Finger und vor Augen kommt,
kann Gegenstand einer bildnerischen Figur sein.
Grund-Formen und -Körper, Kugeln und Würfel,
vornehmlich aus Holz. Seile und Steine, Pingpong-Bälle.
Jüngst sind auch Wäscheklammern aufgetaucht, gebeizt.
Der Motive ist kein Ende. Immer wieder kommt etwas dazu.
Das offene Archiv erweitert sich ständig weiter,
im Rhythmus der Jahreszeiten im Einklang mit den Aufenthaltsorten.
Jede Vergegenwärtigung der einzelnen Gegenstände ist ein Ereignis.
Archäologisch, architektonisch – im Sinne des Wortes.
Der kreative Prozess der Veranschaulichung ist eine Meditation.
Das Auge geht mit. Im Wechsel vielseitiger Standpunkte.
Indem ich mit den Dingen etwas anfange,
die Gegenstände betrachte, behandle und bearbeite,
fokussiert sich die Wahrnehmung auf die Eigenart allen Vorkommens.
Seit ich mich in vier Bänden mit den Grundlagen der Gestaltung
auseinandergesetzt habe, entwickelt sich
auch meine Forschung zur Phänogenese immer weiter.
Meine Bilder sind ein willkommener Anlass,
die Prozesse der Wahrnehmung nie aus den Augen zu verlieren.
Ein übersichtliche Dokument zeigt,
wie sich am Werk die visuelle Forschung neue Dimensionen eröffnet:
Ich habe mich in dieser Abgeschiedenheit über dem Comersee
solange dem Blickfeld der Anderen entzogen,
bis ich mir in meinem angeeigneten So-Sein selbst abhanden gekommen bin.
Ich habe mit der Zeit vergessen, wer ich bin. Hauptsache dass!
Auch ein drittes Auge hat mich nicht daran erinnert,
was ich alles machen muss, damit ich bin, wer ich zu sein habe.
In dieser vollkommenen Selbstvergessenheit,
sagen Sachen, was Sache ist. So machen sie Eindruck!
Hier und jetzt! Sie setzen sich in Szene, um im Bild zu sein.
Die vorliegenden und anfallenden Dinge finden statt.
Im Vorübergehen. An Ort. In Zeit und Raum.
Als Nomade habe ich gelernt, mich von Vorstellungen
nicht täuschen zu lassen, um nicht mehr in die Irre geführt zu werden.
Ich habe mich den vollendeten Tatsachen gestellt. Als Darstellung.
In ihrem So-Sein. Im jeweiligen Befinden. Bei Sonne oder Regen.
In jedem Fall. An jedem Ort. Vor jeder Tür.
Was ist eine Vorstellung? Ein inneres Bild? Eine Erwartung?
Eine Ahmung? Eine Vorahnung? Eine Idee? Die ungestillte Sehnsucht?
Klar wird erst, was mit einer Vorstellung gemeint sein mag,
wenn diese auf eine vollendete Darstellung trifft.
Dann stimmen sie im Glücksfall idealtypisch überein,
oder aber ein empfindlicher Unterschied wird spürbar offensichtlich.
Keine Vorstellung ohne Darstellung! Auch im Traum nicht.
Im Vergleich liegt die Ur-Sache des Befindens und der Betrachtung.
Mal gehen, mal sehen Ich mache mein Ding, ganz bei der Sache.
Unter der Hand und vor meinen Augen wird sie zur Ansichts-Sache.
Anschaulich, einleuchtend will sie Eindruck machen. In aller Form.
Der Eindruck kommt zum Ausdruck.
Im Spiegel vielschichtiger Einsichten.
Die wahre Sache an der Sache ist deren Eigenschaft.
Gerade wenn ein Gegenstand eindrücklich zur Darstellung kommt.
Die Sachen suchen ihren entsprechenden Ausdruck: Als Druck-Sachen.
Das Spielzeug als Zeigwerk setzt sich formvollendet ins Bild.
So kommen Sachen vor: Als Spurensicherung.
Photo-graphische Aufnahmen der Figuren und Konstellationen
dienen der Spurensicherung. Der Moment ist erfasst.
Schichten sichten: Der Zustand des unmittelbaren Zustandes
wird durch weitere Überlagerungen relativiert.
Bild zu Bild, Bild über Bild: Durch-Ein-Ander der Eindrücke!
Der Ausdruck bringt damit die Gleichzeitigkeit der Eindrücke ins Spiel.
Die Heisenbergsche Unschärfe bringt Bewegung ins Bild.
Das einzelne Bild wird zu einem Spurenelement:
Es steht für sich. Es kann auch Bestandteil einer Serie sein.
Die Elemente dürfen sich auch überblenden, gleichzeitig.
In einem ununterbrochenen Palimpsest des Unmittelbaren.
In einer ikonographischen Anatomie der Eindrücke.
Projektionen im Raum, Bilder auf Papier, serielle Kompositionen,
Drucke auf feinem Holz bringen als Formen der Darstellung
diesen Kosmos zum Ausdruck: Eigenartig, einzigartig.
Prototypisch wird die Genese dieser elementaren Kunst
auf einem Blatt zusammengefasst.
Zeichen sind im Bild
Der Kosmos dieser Bilder bildet die Grundlage
für eine aussergewöhnliche Publikation:
Ein Buch, das in jede Tasche passt
und 32 Postkarten, die um die Welt gehen.
„Mit schönen Grüssen von der Kunst“
Eine eigene Seite geht in die Einzelheiten.